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Was kann Kirche einer demokratischen Gesellschaft geben?

Podiumsgespräch mit Bischof Dr. Felix Genn und Prof. Dr. Marianne Heimbach-Steins

Demokratien werden in vielen Ländern, auch in Deutschland, in Frage gestellt. Insbesondere rechtspopulistische (und linkspopulistische) Parteien sammeln große Wählerschaften und richten sich gegen demokratische Institutionen und Verfahren. Errungenschaften wie universale Menschenrechte werden durch nationalistisch-völkisches Gedankengut negiert. Der Sozialstaat soll de facto abgeschafft werden. Europa wird als monströser, reformunfähiger „Superstaat“ verstanden, der weitgehend verschwinden soll. Antidemokratische Formen der Auseinandersetzung werden immer deutlicher: nicht mehr der produktive, anerkennende Streit als Grundtugend der Demokratie und Entscheidungsfindung werden geübt, sondern die Diffamierung des Gegenübers und seiner Position. In dieser prekären Lage haben die Kirchen wiederum ihre sozialintegrative Kraft weitgehend verloren. Der Relevanzverlust der Kirche innerhalb der bundesdeutschen Gesellschaft ist massiv. Dazu kommen inhaltlich-institutionelle Spannungen: Kann die römisch-katholische Kirche für eine in die Krise geratene Demokratie eine Stütze sei, eine Institution, die selbst hierarchisch aufgebaut ist und die zugleich der Vorstellung einer autonomen Freiheit für Einzelne und als Grundlage staatlicher Ordnung kritisch gegenübersteht? Und doch: Behauptet werden kann mit guten Gründen, dass es in der jüdisch-christlichen Überlieferung Sinnpotenziale, Erfahrungen, Wissen und besonders Praxisformen gibt, die Gesellschaft gerade jetzt braucht.